Bundesjustizminister stoppt „sozialadäquates Outsourcing“ durch Rechtsanwälte [Update: Aufhebung der Aufhebung]

Outsourcing Datenverarbeitung[Update vom 10.04.2015: Nach einer Newsletter-Meldung der BRAK vom 10.04.2015 erging nach nochmaliger Prüfung mit Schreiben vom 31.03.2015 die Aufhebung der Aufhebung durch den Bundesjustizminister. Damit tritt – nach dem derzeitigen Stand – § 2 BORA-neu am 01.07.2015 in Kraft. Vorausgesetzt es handelt sich nicht um einen Aprilscherz, dem die Redaktion aufgesessen ist.]

Der Bundesjustizminister hat den Beschluss der 5. Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) zur Erlaubnis des „sozialadäquaten Outsourcings“ der Datenverarbeitung durch Rechtsanwälte trotz Verschwiegenheitspflicht beanstandet und aufgehoben. Für diese Regelung fehle die erforderliche Ermächtigungsgrundlage. Der Minister regte jedoch an, in Gespräche über mögliche gesetzliche Regelungen dieses Sachverhalts einzutreten.

Hintergrund: Outsourcing und anwaltliche Verschwiegenheitspflicht

Rechtsanwälte unterliegen, wie beispielsweise Ärzte, Apotheker, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, einer Verschwiegenheitspflicht. Diese ist in § 2 der Berufsordnung der Rechtsanwälte (BORA) geregelt. Ein Verstoß dagegen – das unbefugte Offenbaren von Mandantendaten – ist gemäß § 203 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar.

Bei der Beauftragung von Dienstleistern mit einer Zugriffsmöglichkeit auf Mandantendaten kann ein Verstoß gegen die anwaltliche Schweigepflicht im Raum stehen, beispielsweise bei der Inanspruchnahme von

  • IT-Leistungen, beispielsweise die Wartung der IT-Systeme in der Kanzlei oder die Bereitstellung von Datenräumen zum Dokumentenaustausch im WWW,
  • Sekretariatsleistungen,
  • Buchführungstätigkeiten,
  • Gutachter- und Recherchetätigkeiten.

Die Erwartungen der Mandanten und die Möglichkeit durch Outsourcing Kosten zu sparen, führen dazu, dass das mit der Beauftragung von Dienstleistern verbundene Strafbarkeitsrisiko oftmals als unbillig empfunden wird.

BRAK-Satzungsversammlung: sozialadäquates Outsourcing erlaubt

Mit einem Beschluss zur Änderung von § 2 BORA wollte die 5. Satzungsversammlung der BRAK im November 2014 Rechtsanwälten „sozialadäquates Outsourcing“ erlauben.

Beschlossene Änderung des § 2 Abs. 3 Buchstabe c) BORA:

„Ein Verstoß ist nicht gegeben, soweit das Verhalten des Rechtsanwalts … im Rahmen der Arbeitsabläufe der Kanzlei einschließlich der Inanspruchnahme von Leistungen Dritter erfolgt und objektiv einer üblichen, von der Allgemeinheit gebilligten Verhaltensweise im sozialen Leben entspricht (Sozialadäquanz).“

Aufhebung des Beschlusses durch den Bundesjustizminister

Der Bundesjustizminister hat – wenig überraschend – den Beschluss der Satzungsversammlung zur anwaltlichen Verschwiegenheit beim Outsourcing beanstandet und teilweise aufgehoben. Für diese Regelung fehle die erforderliche Ermächtigungsgrundlage.  Die Satzungsermächtigung (in § 59b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe c) BRAO) erlaube keine Regelungen, die eine Befugnisnorm im Sinne des § 203 StGB beinhalten. Der Minister regt jedoch an, in Gespräche über mögliche gesetzliche Regelungen dieses Sachverhalts einzutreten.

Perspektiven für das Outsourcing bei Verschwiegenheitspflichten

Die kommenden Gespräche zwischen dem Bundesjustizministerium und der Anwaltschaft können zu einer Lösung des Problems Outsourcing bei Verschwiegenheitspflichten beitragen. Das Ziel – die Gesprächsbereitschaft zu dem Thema – ist damit immerhin erreicht.

Weiterführende Links:

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